Lektion 21, Text 1
T. Aurelius Scaurus grüßt D. Aurelius Scaurus
Oh großer und bewundernswerter Sieg!
Endlich wurde Alesia, die Hauptstadt der Averner, erobert!
Mit meinem Gaius nahm ich als Militärtribun an der Belagerung teil;
mit meinem Gaius kämpfte und siegte ich.
Hörst du etwa nicht damit auf zu glauben, dass Gaius ein schlechter und fauler Mensch ist? Du sagtest, dass er von Schulden überfallen über das Meer floh, dass er in Gallien einen Krieg führte, um in Rom nicht ins Gefängnis zu kommen. - Du solltest wissen, dass der Prokonsul wahrlich ein römischer Mann ist.
Ich sah immer wieder seine Klugheit und Tapferkeit!
In Gallien wird er von uns allen geliebt.
Der Krieg ins Alesia war sehr schwer:
Da Alesia auf einem Berg liegt, konnte es von uns nicht erobert werden.
Daher befahl Gaius, die Stadt zu belagern.
Mit viel Arbeit wurden Befestigungsanlagen gebaut und Türme errichtet.
Dennoch kamen die Averner und einige Gallier mit ihrem Anführer Vercingetorix oft aus der Stadt und veranstalteten heftige Schlachten mit unseren Leuten – aber sie wurden immer zurückgetrieben.
Schließlich übergaben sie sich von Hunger und Durst besiegt,
Vercingetorix selbst wurde uns übergeben.
Gaius jedoch lobte seine tapferen Soldaten und gab uns die Prämien - auch mir... Ich bin glücklich! Alle sind glücklich.
Ich hoffe, dass wir lange in Gallien bleiben und siegen werden.
Genieße auch du, mein Bruder, das angenehme römische Leben.
Wenn du gesund bist, ist es gut, ich jedenfalls bin gesund.
Lektion 21, Text 2
Aus dem Brief eines Legionssoldaten
Nun sind wir endlich im Winterlager,
nun sind wir endlich frei von Mühen. -
Aber wie lange wird es uns erlaubt sein, uns auszuruhen?
Vercingetorix, der Führer der Averner, ist besiegt worden
und Gaius Julius Caesar wird von allen mit lauter Stimme gelobt.
Was hat er eigentlich gemacht?
Sind denn nicht wir, die einfachen Soldaten, mit schwerem Gepäck beladen zu Fuß über Berge und Felder gegangen?
Haben wir etwa nicht oft unter Hunger und Durst gelitten?
Haben wir etwa nicht die Befestigungen gebaut?
Haben wir etwa nicht die Türme errichtet?
Haben wir etwa nicht das Gefecht geführt und mit den Feinden im Nahkampf gekämpft?
Wenn wir auch unversehrt aus dem Gefecht herauskamen,
hatten und haben wir trotzdem immer den Tod vor Augen.
Oh, wie viele Kameraden habe ich verwunden und sterben sehen,
wie viele Freunde habe ich verloren.
Gestern wurde sogar der Militärtribun Titus Aurelius Scaurus getötet:
Mit wenigen Leuten erkundete er die benachbarte Gegend,
als er plötzlich von Feinden überfallen und getötet wurde.
Oh, wann wird das Ende dieses grausamen Abschlachtens sein?
Dieser Caesar, der uns zwang Krieg zu führen, wie sehr ich ihn hasse!
Wenn – was die Götter verhüten mögen – es mir nicht möglich sein wird nach Rom zurückzukehren,
sollst du jedoch wissen, meine Antonia, meine Ehefrau,
dass ich dich immer liebte, liebe und lieben werde. Lebe wohl.
Lektion 22, Text 1
Tantalus
Tantalus, der Sohn von Jupiter, war König von Lydien. Er besaß große Reichtümer. Einst dachte er bei sich: "Was fehlt mir? Ich besitze alles, ich bin ein Freund der Götter. Die Götter laden mich sogar ein, damit ich an ihren Gastmählern teilnehme. Wer hat schon eine solche Ehre empfangen? Ich esse gerne mit den Göttern und besuche sie oft, um ihre Geheimnisse zu erfahren. Wer kann mich denn daran hindern, dass ich sie nicht den Menschen verrate?
Denn mit diesem Plan wird ich die Geheimnisse der Götter verraten, in der Absicht, dass die Menschen die Götter nicht fürchten. Ich sah nämlich, dass die Götter die Menschen weder an Tapferkeit, noch an Macht, noch an Klugheit übertreffen. Dann werden sich die Menschen nicht mehr darum kümmern, die Götter mit Opfern anzubeten.
Ich kenne die Pläne der Götter genau. Ich nehme an ihren Gastmählern teil. Was steht zwischen mir und den Göttern? Ich esse Götterspeise und trinke Nektar. Wer kann verhindern, dass ich nicht die Speisen der Götter den Menschen weitergebe? Das eine versuche ich, das eine wünsche ich, um zu beweisen, dass die Götter nicht weise sind. Denn sie glauben, dass sie alles sehen, hören und wissen.
Ich werde meinen Sklaven befehlen, dass sie eine den Göttern unbekannte Speise zubereiten. Ich werde befehlen, dass sie Pelops, meinen Sohn, töten und den Göttern zum Essen vorsetzen. Ich werde sie täuschen. Ich, König Tantalus, werde die großen Götter durch meine Klugheit übertreffen!"
Lektion 22, Text 2
Tantalus in der Unterwelt
Tantalus steht mitten im Teich. Er wird von heftigem Durst gequält. Von allen Seiten wird er von kaltem Wasser umgeben. Aber wenn er zu trinken wünscht und sein Mund sich dem Wasser nähert, weicht das Wasser sofort zurück. Er wird von heftigem Hunger gequält. Die schönsten Früchte hängen über seinem Kopf. Wenn er sich bemüht, sie zu fangen, weichen die Zweige zum Himmel zurück. Schließlich bewirkt ein Steinbrocken, der über ihm hängt, dass er immer sehr hoher Todesangst lebt.
So schreit Tantalus, weil er gequält ist: "Oh Götter, war ich denn nicht euer Freund? Habt ihr mir denn nicht Macht und Reichtümer gegeben? Kann ich euch denn nun nicht dazu bewegen, mich von solchen Schmerzen zu befreien?"
Doch die Götter schweigen.
Lektion 23
Antigone
Antigone: Oh, meine teure Schwester, Ismene. Ich kenne kein schlechteres Schicksal, als das göttliche Recht uns und unserem Stamm nicht gibt. Denn vom Schicksal gezwungen, kam Oedipus, unser unglücklicher Vater, nach Theben und heiratete unwissend Iocaste die Königin, seine Mutter – bald unsere Mutter. Nachdem unsere Eltern diese Schande bemerkt hatten, nahm sich Iocaste das Leben und Oedipus bot, nachdem er sich durch seine eigene Hand geblendet hatte, bis zu seinem Lebensende ein Beispiel für das grausame Schicksal.
Ismene: Warum erneuerst du den so heftigen Schmerz nun, Antigone?
Antigone: ...damit du die Erinnerung festhältst, dass der Zorn der Götter ungeheuerlich ist. Denn Menschen, die das göttliche Recht brechen, büßen schwer. Haben denn nicht auch unsere Brüder Eteodes und Polynices die Götter verletzt? Durch Zwietracht bewegt, wurde ein Bürgerkrieg bereitet und während einer einen anderen mit einem Schwert tötet, wurde für eine frevelhafte Sache gebüßt.
Ismene: Ich weiß das alles, Antigone. Bist du etwa durch etwas neues so stark bewegt, dass du immer von den Brüdern erzählst?
Antigone: Aber ja! Hast du etwa nicht auch von Creon gehört, der nun Theben regiert, dass er ein frevelhaftes und gefährliches Gesetz erlassen hat?
Ismene: Ich habe noch nicht von den Gefahren gehört, die uns drohen. Sag es, Schwester, damit ich es weiß.
Antigone: Der König hat verkündet: "Der eine Bruder, Eteocles, soll mit einem Grab versehen werden, weil er die Stadt verteidigte. Aber der andere, Polynices, soll von den Thebanern unbestattet zurückgelassen werden, weil er Theben feindlich gesinnt war! Der Körper dieses verbrecherischen Menschen soll als Beute für die wilden Tiere dienen! So soll der Feind bestraft werden! Die Bürger jedoch sollen meinen Zorn fürchten! Der, der mein Gesetz bricht, soll getötet werden!"
Ismene: Oh, ihr unglücklichen Brüder! Oh, die so große Grausamkeit des Königs! Was sollen wir machen, Antigone?
Antigone: Lass uns nicht lange nachdenken, aber wir sollen das machen, was die Götter fordern, Ismene! Wir Schwestern müssen sowohl den Göttern gehorchen, als auch den Brüdern helfen: Wir müssen den Bruder begraben, auch wenn die Kraft Creons groß ist. – Oder zweifelst du etwa?
Ismene: Ich weiß nicht... Seid dir jedoch bewusst, dass wir Frauen sind, deren Kräfte schwach sind. Wir können nicht der Macht des Königs Widerstand leisten und zugleich unser Leben unversehrt retten.
Antigone: Wenn ich den Göttern gehorche, werden sie mir Hilfe bringen. Weil es uns das göttliche Rechts und der Brauch der Vorfahren befiehlt, werde ich nun diese Pflicht leisten. Wenn du träge bist, werde ich dieses, das den Göttern gefällt, alleine machen.
Ismene: Wie sehr fürchte ich um dein Heil, Schwester! Wenn doch, solltest du es bei Nacht machen, was du im Sinn hast!! So wirst du vielleicht dein Leben bewahren...
Antigone: Die richtige Gesinnung wird unter der Sonne von den Göttern erkannt. Nun wird der Bruder von meiner Hand begraben werden!
Lektion 24, Text 1
Ein Wunder schafft Probleme
Amphitruo: Sei mir gegrüßt, Tiresias, Seher der Thebaner.
Tiresias: Sei mir gegrüßt Amphitruo. Ich hoffe dir geht es gut.
Amphitruo: Mir geht es schlecht, sehr schlecht! Die Frauen sind schrecklich!
Tiresias: Ist die Sache wahr? Alle?
Amphitruo: Alle! Besonders jene, die ihre Ehemänner täuschen und betrügen. Wenn die Götter und Göttinnen jene doch bestrafen würden!
Tiresias: Warum bist du so zornig? Deine Frau jedenfalls ist dir treu.
Amphitruo: Ach! Von jener selbst bin ich auf grausame Weise betrogen worden. Nun bin ich das Gelächter aller Menschen. Ich, Amphitruo, Heerführer der Thebaner!
Tiresias: Was ist denn der Grund für dieses Gelächter?
Amphitruo: Du weißt, dass Alcumena vor kurzem Zwillinge zur Welt gebracht hat, Iphicles und Herkules. Sie waren gesund und schön, der eine und der andere. Wie glücklich ich war an jenem Tag! Mit Freude habe ich Jupiter mit meiner Hand einen Stier geopfert! Und heute habe ich erkannt, dass jene Jungen nicht meine Söhne sind.
Tiresias: Auf welche Weise hast du dieses erkannt?
Amphitruo: Ich war im Park, als ich plötzlich die Mägde schreien hörte. Ich laufe sofort nach Hause und werde mit großer Furcht ausgestattet:
Ich sehe in der Wiege der Jungen zwei Schlangen. Bevor ich etwas tun konnte, ergriff Herkules die Bestien mit den Händen, erdrückte und tötete sie. Ein Junge von wenigen Monaten!
Die Furcht wich der Bewunderung, die Bewunderung dem Zorn:
Dies ist nicht der Sohn eines sterblichen Menschen! Ich bin nicht der Vater dieser Zwillinge. Aber welcher Halbgott hat jene erzeugt? -
Jedenfalls hat Alcumena die Treue verletzt!
Jener Ehebruch muss bestraft werden! -
Oh Tiresias, was soll ich tun?
Text 2
Die Erklärung des Wunders
T: Es gibt keinen Grund, dass du Alkmene zürnst, Amphitryon; immer war sie die treu.
A: War sie nicht! Die Götter sollen jene als auch ihren Ehebrecher verderben.
T: Ich behaupte jene selbst ist getäuscht worden. Während du mit dem Heer von Theben fern warst, hat Jupiter deine Frau besucht.
A: Jupiter?! Dennoch schwor diese mir immer wieder die Treue gehalten zu haben.
T: Du sagst die Wahrheit. Jupiter nämlich, weil er wusste, dass Alkmene dich liebt, dachte sich eine List aus... er hat sich in deine Gestalt verwandelt. Deine Ehefrau glaubte, ihren Ehemann, nicht einen Gott zu umarmen.
A: Oh schweig!
T: Am folgenden Tag bist du aus dem Krieg zurückgekehrt. So kommt es, dass Herkules der Sohn Jupiters, Iphicles jedoch dein Sohn ist.
A: Soll ich sie alles etwa glauben? Soll ich etwa glauben, Jupiter selbst betrüge und täusche die Menschen gegen göttliches und menschliches Recht? Diesen Gott werde ich nicht mehr anbeten, diesem werde ich nicht mehr opfern.
Lektion 25
Text 1
HYDRA
Einst wurde ein grausames Ungeheuer mit dem Namen Hydra von Iuno nach Griechenland geschickt, um Herkules zu vernichten.Diese Göttin war nämlich mit großem Hass auf den Sohn ihres Mannes Zeus erfüllt, dass sie ihn auf alle Arten zum Schaden war. Hydra, welche in Sümpfen lebte, erschreckte die Menschen und wilden Tiere. Aus ihrem hässlichen Körper erhoben sich 12 Schlangenköpfe, die giftigen Atem auf alle schickte die sich näherten. Herkules, der von dem König Eurystheus den Einwohnern zur Hilfe geschickt worden war, näherte sich mit Iolaus, dem Sohn seines Bruders Iphiclis, der ihn oft begleitete, um ihm in Gefahren zu helfen, dem Sumpf. Er ließ die Einwohner dieser Region fern bleiben, damit sie keinen Schaden erlitten. Hydra eilt sofort herbei: 12 Köpfe erheben sich, um den tödlichen Atem auf die Männer zu hauchen. Herkules hällt den Atem an, um nicht von dem Gift erfüllt zu werden, und fängt an mit einer schweren Keule auf die Köpfe des Ungeheuers einzuschlagen. Während er so kämpft, kneift ein ungeheuer großer Krebs, der von Iuno der Hydra zur Hilfe geschickt worden ist, mit seinen scharfen Zangen Herkules in den Fuß; durch den Schmerz gequält tötet der starke Mann ihn mit einem Fußtritt.
Er glaubte schon, dass er der Sieger sein wird, als Iolaus plötzlich rief: „Wir müssen kämpfen, Herkules! Obwohl du auf die vielen Köpfe einschlägst, wird die Anzahl dieser nicht geringer. Sieh da: Immer wieder wachsen andere Köpfe. Hydra ist unbesiegbar.
Die durch diese Sache gezwungenen tapferen Männer zogen sich zurück, um zu atmen und zu überlegen.
Ioalus: „Was sollen wir machen? Wennd ie Köpfe nicht immer von neuem wachsen würden, wäre unsere Arbeit leicht. Wie sollen wir verhindern, dass sie wachsen?
Hercules sagte, nachderm er lange bei sich überlegt hatte: „Bring mir angezündete Bäume, Iolaus. Brenn die Wunden aus, die ich dieser Bestie zufüge. Lass uns auf diese Weise verhindern, dass die Köpfe wachsen.
So machen sie es: Der Kampf wird fortgesetzt Hydra wird endlich besiegt. Der letzte Kopf wurde unter einem großen Stein versteckt. Dann tauchte Hercules seine Pfeile in das todbringende Blut der Hydra ein.
Lektion 26, Text 1
Ein Abstieg in die Unterwelt
Einst lebte der dichter Orpheus in Thrakien. Diesem hatten die Götter eine hochberühmte Kunst verliehen: Mit seinen Liedern, die er zur Harfe sang, erfreute er nicht nur Menschen, sondern bewegte auch wilde Tiere, ja sogar Bäume und Felsen so sehr, dass sie sich freuten, Schmerz empfanden, lachten und weinten wie Menschen. Diesen Dichter heiratete Eurydice, die schönste Jungfrau von Thrakien, von Liebe ergriffen. Aber das Schicksal machte ihrem Glück bald ein Ende, nicht aber ihrer Liebe: Während Eurydice mit ihren Freundinnen über eine Wiese schlenderte, wurde sie durch den Biss einer Schlange verletzt und sofort von dem Gift getötet. Orpheus trauerte heftig über den Tod seiner Frau, klagte mit wütenden Worten die Götter an: „Wer von euch kann mir sagen, warum ihr so grausam seid, Götter?
Aus welchem Grund werden die Menschen immer von euch gequält? Wer von euch hat meine arme Eurydice und mich zu Grunde gerichtet?g
Nachdem Orpheus so sein elendes Schicksal beweint hatte, sagte er: „Meine Worte nützen nichts! Warum gehe ich nicht zu den Göttern der Unterwelt, damit sie mir meine Ehefrau zurückgeben?g
Er begab sich zur Porta Taenaria, jenen Ort, wo der Orcus, das Reich der Götter der Unterwelt, betreten wird. Mir seinen Liedern besänftigte er auch Cerberus, den dreiköpfigen Hund, der am Tor wachte, so sehr, dass er den tapferen Mann zu den Göttern hinabsteigen ließ. Endlich gelangte er durch die Menge der Seelen, die ohne Körper durch die Finsternis wanderten zu Pluto, dem König der Unterwelt, und Proserpina, seiner Frau.
Text 2
Holt Orpheus Eurydice aus dem Totenreich zurück?
Pluto staunte, weil ein lebendiger Mensch hierher eingedrungen war: „ Ich frage dich, auf welchem Weg du in unser Reich eingedrungen bist und mit welcher Absicht du das ewige Gesetz der Götter verletzt. Orpheus: „Du fragst mich, Pluto, warum ich hierhin gekommen bin. Gewiss bin ich nicht in den Orcus hinabgestiegen, um diese scheußliche Gegend vor meiner Zeit zu sehen. Der Grund dieses Weges ist meine Ehefrau. Ich will wissen, warum Eurydice jung mit mir verheiratet, mir geraubt worden ist. Ich konnte den Schmerz nicht ertragen: Amor hat gesiegt! Dieser Gott ist auch in dieser Gegend nicht unbekannt, denn auch dich und Proserpina hat die verbunden, wie die Sage berichtet. Ich weiß genau, dass wir Menschen früher oder später zu euerem Sitz kommen und dass dieses Haus das letzte für alle ist. Ist es etwa Eurydice und mir nicht erlaubt dann hierher zu kommen, wenn wir die Zahl unserer Lebendjahre vollendet haben?g
Und er besang zur Harfe von seiner Liebe und seinem Schmerz. Er rührte das Gemüt des Pluto, er rührte das Gemüt der Proserpina. Sie ließen Orpheus zum Licht vorangehen, Eurydice nach ihm folgen, aber sie fügten eine harte Bedingung hinzu: Wende deine Augen auf dem Weg nicht zurück. Oder alles wird vergeblich sein. Orpheus ging auf dem steilen, dunklen und langen Weg voraus. Schon waren sie nicht mehr fern der Porta Taenaria, schon sahen sie da Licht der Sonne, als jener aus Sehnsucht dir Frau zu sehen bewegt, zurückblickte. Vergeblich versuchte Eurydice die Hand des Ehemannes zu berühren; sagte ein letztes „Lebe wohl!g. Wiederum getötet, diesmal von der allzu großen Liebe ihres Ehemannes, kehrte sie wieder zu den Göttern der Unterwelt zurück.
Lektion 27:
Text 1: Penelope am Webstuhl
Oh Ulixes, warum hat sich die Erinnerung an
deine Frau aus deinem Gedächtnis entfernt?
Weißt du etwa nicht, wie viele Jahre und mit
wie großer Sehnsucht ich dich erwartet habe?
Als ich erfahren hatte, dass Troja, das zehn Jahre
belagert worden war, endlich erobert worden war,
wie glücklich war ich an jenem Tag.
Dann schließlich war es mir erlaubt zu hoffen, dass
du innerhalb weniger Monate nach Hause
zurückkommen würdest.
Immer wenn gemeldet worden war, dass irgendein Schiff
an der Küste Ithacas angekommen sei, glaubte ich,
dass du in diesem Schiff wärest.
Die Griechen, die die Kämpfe überlebt hatten, kehrten
inihr Vaterlang zurück und wurden mit großer Freude von
ihren Angehörigen empfangen.
Ich wartete jedoch vergeblich auf meinen Mann.
Du bist nicht zurückgekommen, obwohl ich wusste,
dass du Troja schon vot fast zehn Jahren verlassen hast.
Man sagt auch, dass du neulich an irgendeinem Ort gesehen
worden bist...
Ich weiß nicht, ob du von einer anderen Liebe gefangen worden bist...
Kein Wunder - Es ist die Wahrheit, dass ich nun alt bin.
Aber warum vermisst du noch nicht einmal Telemachus, deinen Sohn
und auch nicht Laertes, deinen alten Vater?
Diese brauchen dichLjedoch nicht weniger als deine Ehefrau.
Oh, wenn Paris Helena doch nicht geraubt hätte!
Wenn die Anführer der Griechen von Menelaus nicht
zusammengerufen worden wären, damit sie nach Asien
gängen und die Vergeltung von den Trojanern erböten,
- wärst du zu Hause geblieben, würden wir zusammmen leben,
würden wir zusammmen Telemachus heranwachsen sehen
-wir wären glücklich gewesen!
Aber Paris raubte Helena, Menelaus war allzu sehr gierig auf die
Vergeltung, sodass du mit den übrigen Griechen nach Asien
segeltest.
Oh, wie viele Menschen wurden vor Troja getötet,
Oh wie viele Ehefrauen, Eltern und Kinder wurden durch Furcht und
Schmerzen gequält!
Warum? - Die Männer wurden wegen dessen Ehre verletzt.
Text 2: Die Feier der Penelope
Hörst du etwa nicht, dass diese Männer nun in deinem Königspalast
schreien und singen?
Als sie gesehen hatten, dass dein Königreich des Königs beraubt war,
kamen viele, um mich, deine Ehefrau, zu heiraten, um auf diese Art und
Weise selbst regieren zu können.
Wenn sie wüssten, dass du zurückkämest, kämen sie nicht und wären
nicht so unverschämt.
Nun aber missbrauchen sie die Gastfreundschaft, sie töten unsere Herden,
sie trinken unseren Wein. Tage und Nächte feiern sie Feste.
Auch wenn mir einer der Freier gefiele, ist es Aufgabe der Mutter die Herrschaft
des Sohnes zu bewahren.
Daher habe ich mir eine List ausgedacht:
Ich habe gesagt, ich müsse das Leichenkleid Laertes, deines Vaters, weben,
sonst sei es mir nicht erlaubt zu heiraten.
Tagsüber webte ich also das Kleidungsstück, aber nachts wie jetzt löste ich dies
wieder auf.
Ich weiß nicht, wie lange ich die Freier mit dieser List betrügen kann.
ich weiß nicht, was sie tuen, wenn sie den Betrug erfahren würden.
Ich höre, dass sich Stimmen und Schritte von Menschen nähern...
Wehe mir!
Lektion 28
Pro und Contra
Die Gesandten trugen mit schweren Worten die Sorgen der Bürgerschaft vor. Nachdem die Konsuln deren Worte gehört hatten, versprach sie Hilfe. Inzwischen wurde, nachdem die Gesandten in die Häuser der adligen Römer eingeladen worden waren, Carneades, jener hochberühmte Philosoph der Athener, gefragt, ob er eine Rede über das Wesen der Götter halten könne.
Carneades: "Von euch gefragt, Römer, ob es Götter gibt antworte ich: >Es gibt sie.< Meiner Meinung nach jedenfalls, kümmern sich die unsterblichen Götter um die Sachen der Menschen und regieren die ganze Welt. Daher verehren die Menschen nicht nur zu Rechts die Götter durch Opfern, sondern bewahren auch die Treue, die Gerechtigkeit und die Frömmigkeit, die uns von den Göttern gegeben worden sind. Dieselben machen auch gute und gerechte Bürgerschaften. Wenn nicht ihr, Römer die Frömmigkeit den Göttern gegenüber bewahrt und die guten Sitten und die Gerechtigkeit gepflegt hättet, wäre euer Staat niemals mit so großem Ruhm versehen worden."
Nachdem sie die schmeichelhaften Worte gehört hatten, freuten sich alle. Als Carneades am folgenden Tag wieder eingeladen wurde, um eine Rede zu halten, kamen sogar mehr zusammen, weil sein Ruf über die ganze Stadt verbreitet worden war. Als Stille eingekehrt war, sagte Carneades: "Gestern habt ihr mich gefragt, ob es Götter gibt. Ich behauptete, dass es sie gäbe. Heute werde ich euch zeigen, dass es keine Götter gibt. – Denn die Götter, wenn es sie gäbe, würden die Welt sehr gut regieren. Jedoch frage ich euch: >>Wird die Welt etwa sehr gut regiert? Seht ihr etwa, dass die Götter die verbrecherischen Menschen an ihren Übeltaten hindern oder sie bestrafen?<<
Die Götter, weil sie nichts zu machen scheinen, schlafen entweder oder es gibt sie überhaupt nicht.Daher bewegt eine unnütze Furcht die Menschen vor den Göttern. Ja es ist wahrhaftig sogar, wenn die Sorge der Götter fehlt, die Aufgabe der Menschen Gesetzte zu geben und es ist die Aufgabe der Menschen schlechte Bürger und schlechte Bürgerschaften im Zaum zu halten. So habt ihr Römer, nachdem ihr die Grenzen des Reiches ausgedehnt habt, fremden Völkern eure Gesetzte auferlegt. Auf diese Weise ist euer Staat mit einem solchen Ruhm versehen worden. Daher waren die Götter weder nötig noch sind sie es."
Nachdem sie diese gottlosen Worte gehört hatten, wurde Carneades Rede dennoch von einigen gelobt. Besonders junge Männer und Frauen freuten sich, dass die Sache nach beiden Seiten hin diskutiert wurde. Die Senatoren jedoch riefen den Senat zusammen, weil sie meinten, dass die Sitten der Vorfahren durch jene griechische Philosophen zerstört worden seien, und befahlen Carneades und allen Philosophen aus Rom hinaus zu gehen.